Göta Kanal Geschichte

Der Göta Kanal ist eines der grössten Bauprojekte, das je in Schweden durchgeführt worden ist. Der Kanal erstreckt sich von Sjötorp am See Vänern bis nach Mem an der Ostsee. Er ist 190 km lang und verfügt insgesamt über 58 Schleusen. 87 km der Strecke sind von Hand ausgegraben worden

 

Ein 300 Jahre alter Traum

Schon im 16. Jahrhundert schlug der bekannte Bischof Brask in Linköping vor, dass eine schiffbare Verbindung quer durch Schweden gebaut werden sollte - von der Ostsee zum westlichen Meer.

Die Pläne für einen Kanal durch Schweden sollten in der Folgezeit noch viel hin und her diskutiert werden, bis dann zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Kanalpläne Baltzar von Platens verwirklicht wurden.

 

 

Baltzar von Platen

Baltzar von Platen, Graf, Seeoffizier und Staatsrat wurde derjenige, dem es gelang, das Kanalprojekt durchzuführen. 1806 legte er seine Abhandlung über Kanäle vor, die dazu führte, dass er den Auftrag erhielt, einen Vorschlag für den Bau des Göta Kanals zu unterbreiten. Er nahm sich den besten Kanalbauer Europas, den Schotten Thomas Telford, zu seinem Helfer.

Am 11. April 1810 fertigte König Karl XIII. das Privileg aus, das der Göta Kanalgesellschaft das Recht erteilte, den Kanal zu bauen und zu betreiben. Er gab der Gesellschaft die für den Kanalbau notwendigen Arbeitskräfte, Grundstücke und Wälder.

Im Mai 1810 wurde bei Motala der erste Spatenstich gemacht. Die Arbeiten begannen danach rasch an mehr als 15 verschiedenen Stellen entlang des Kanals.

Soldaten und Tagewerke

Der Kanal wurde im Wesentlichen erbaut von 58 000 eingeteilten Milizsoldaten aus 16 verschiedenen Regimentern, die während kürzerer oder längerer Zeiten am Kanalbau beteiligt waren. Während 22 Baujahren wurden von etwa 60 000 Mann, einschliesslich einer Pionierkompanie russischer Fahnenflüchtiger und einem Teil privater Arbeiter, ca. 7 Millionen Tagewerke mit je 12 Stunden geleistet.

Das Ausgraben des Kanals wurde zum grössten Teil in Handarbeit mit Hilfe von blechbeschlagenen Holzspaten durchgeführt. Die Arbeit bestand hauptsächlich im Ausgraben, Sprengen und Mauern des Kanals. Baltzar von Platen besorgte auch neue Technik in Form von verschiedenen Geräten und technischen Hilfsmitteln aus England. Mehrere geschickte englische Arbeitsleiter wurden angestellt.

 

Die feierliche Einweihung

Am 26. September 1832 wurde die Einweihung des Kanals in Mem mit grosser Pracht und im Beisein von Schwedens König Karl XIV. Johan und dessen Familie gefeiert. Baltzar von Platen war es nicht vergönnt, die Krönung seines Lebenswerkes zu erleben. Er verstarb 1829, ca.3 Jahre vor der Einweihung

 

Der Warenverkehr

Während des ganzen 19. Jahrhunderts hatte der Kanal eine grosse Bedeutung als Transportstrecke für Waren und Passagiere. Dagegen erhielt der Kanal nicht die langfristige Bedeutung, auf die von Platen gehofft hatte. Die Eisenbahn und vor allem der Lastwagenverkehr übernahmen allmählich die Rolle des Kanals. Die Transportstrecke verwandelte sich stattdessen in eine der meistbesuchten und bekanntesten Touristenattraktionen Schwedens.

 

Die Bedeutung des Kanals

Die Entwicklung der modernen Maschinenbauindustrie ist wahrscheinlich die wichtigste Bedeutung, die der Kanal für das Land hatte. Bei Motala Verkstad erhielten zukünftige Ingenieure und Werkmeister eine Ausbildung in modernem Maschinenbau. Hier wurden bedeutende Kenntnisse in der Gusseisentechnik entwickelt, welche dem Lande zugutekamen. Gleichzeitig wuchs Motala zu einer modernen Industriestadt heran.

Die Festung Karlsborg wird als eine direkte Folge des Kanalbaus betrachtet. Als Schweden 1809 Finnland verloren hatte, war man der Meinung, das Stockholm zu ungeschützt und zu nahe dem Feindesland lag. Was es bei einem Krieg zu schützen galt, Waffen, Gold, die königliche Familie, die Regierung usw., wäre in einer starken Festung im Landesinneren sicherer. Der Kanal machte den Transport dorthin möglich.

Der Bau der Festung Karlsborg dauerte fast 100 Jahre, 1820-1909, aber sie wurde trotzdem nie ganz fertig und sie wurde nie für ihre ursprüngliche Aufgabe benutzt. Während des 2. Weltkrieges wurden hier die Goldreserven aufbewahrt. Heute haben die Husaren des Leibregimentes, K3, die Fallschirmjägerschule und die Überlebensschule der Streitkräfte ihr Quartier in der Festung. Ausser den militärischen Einrichtungen gibt es auf dem Festungsgelände zivile Wohnungen, Geschäfte, Café und Museum. Der Kanal ist heute eines der zugkräftigsten touristischen Warenzeichen Schwedens.

 

Raffinierte Lösungen

Was die Konstruktion des Kanals betrifft, ist es besonders beeindruckend, auf welch geniale, aber doch simple Art verschiedene Probleme gelöst worden sind. Als Bespiel können die Stemmtore genannt werden. Das sind Tore, die immer bei mehreren Stellen des Kanals offenstehen.

Mit ihnen hatte man zwei Absichten. Sollten Leckagen oder Erdrutschte entstehen, sollen die Tore automatisch durch die Saugwirkung geschlossen werden. Dadurch wird nur eine kurze Strecke entleert und das Unglück kann minimiert werden.

Die Funktionstüchtigkeit dieser Tore wurde 1847 unter Beweis gestellt, als der Hochdamm in Venneberga nicht mehr hielt. Nur 100 Meter entfernt schloss sich das Stemmtor. Die zweite Absicht ist, um für Reparaturzwecke kürzere Abschnitte des Kanals leeren zu können.

Beim Bau des Kanals mussten sowohl Bäche als auch grössere Flüsse überquert werden. Dieses Wasser wollte man aber nicht im Kanal haben. Es erschwert zum Teil das Regulieren des Wasserstandes. Das Frühjahrshochwasser würde die Schleusen ziemlich schnell anfüllen. Ebenfalls würde gemeinsam mit dem Wasser viel Schlamm eindringen, der den Kanal zu wenig tief machen würde.

Darum gibt es ein beeindruckendes System mit sogenannten Seitengräben und gepflasterten Abwasserkanälen unter dem Kanal, die das Wasser zu anderen Flüssen ableiten. Manche der Abwasserkanäle sind mannshoch.

 

Das Öffnen eines Tores

Um ein Tor öffnen zu können, muss der Wasserstand auf beiden Seiten genau gleich sein. Schon ein Unterschied von lediglich fünf Zentimetern führt dazu, dass der Druck auf die Tore zu gross wird und dadurch Schäden entstehen können. Die Becken werden durch Schotten in den Toren, die nach oben hin geöffnet werden, angefüllt. Die ersten Tore wurden mit Hilfe von grossen Schranken geöffnet, die nach vorne geschoben wurden. Solche kann man beim oberen Tor in Klämman sehen. Bereits im Jahr 1847 hatten alle Tore in Östergötland Seilrangierwinden mit Zacken, was die Arbeit entscheidend erleichterte. Das untere Tor in Klämman zeigt solche Tore. Sie sind ausserdem bei den Schleusen von Borensberg und Tåtorp zu finden.

1969 wurden die Tore abermals modernisiert. Dabei wurden unter anderem bei den sieben Schleusen der Schleusentreppe in Berg Elektromotore an den Zuggurtungen befestigt. Neun Jahre später wurde die Hydraulik eingeführt, und seit 1988 werden im Prinzip alle Schleusen hydraulisch angetrieben.

 

Wie man ein Tor giesst

Zu Beginn bestanden alle Tore aus Gusseisen oder Holz. In den 1970-er Jahren wurden mehrere davon durch geschweisste Stahltore ersetzt, die heute im Nachhinein mit Toren aus Gusseisen ersetzt werden. Die Masse der Tore variieren, es wäre aber viel zu kostspielig, für jedes Tor ein neues Gussmodell zu bauen. Stattdessen versucht man, die Modelle mit Hilfe dezimetergrosser Passstücke zu bauen. Die Modelle werden von einer Tischlerei in Kristinehamn hergestellt, und die Tore werden in Mölltorp gegossen. Die Kosten belaufen sich auf ungefähr eine halbe Million Kronen (SEK) pro Paar.